Friedrich von Boeckh            Zum Geburtstage

1795 – 1875

Ein Ringlein, von dem Finger mir gezogen,

Will ich dir heut’ zu kleinen Gabe spenden,

Daß du es trägst an deinen gütgen Händen,

Die so viel Liebes mir schon zugewogen.

 

Es funkelt dir in hellen Lichtswogen;

Willst du einmal es nach der Sonne wenden,

Wird es zurück dir ihre Strahlen senden

In Farben, spielend gleich dem Regenbogen.

 

Warum ich will dies Ringlein heut’ dir schenken?

Weils ist der Ewigkeit sinnbildlich Zeichen,

Will ich es dir zum Angebinde reichen.

 

So trag es mir zum steten Angedenken,

Denn ob enteilen uns die flüchtgen Stunden,

Nicht bloß für diese Welt sind wir verbunden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Zum Namenstage

1795 – 1875

Zum heutgen Tage nimm dies goldne Täßchen

Mit deinem Lieblingstrank es dir zu füllen,

Den trinkst du offen, lieber noch im Stillen,

Von dem du tränkest gern ein ganzes Fäßchen.

 

Du zürnst mir nicht, will ich in dieses Späßchen

Die kleine Gabe neckend dir einhüllen,

Denn immer ist ein Scherzchen dir zu Willen,

Dem gibst du gern zum Schutzbrief ein Freipäßchen.

 

Und red’ ich zu dir in Diminutiven,

Die wollt’ ich gern in ein Sonettchen weben,

Daß sie darin in weichem Schoße schliefen:

 

So will dich selbst ich niemals doch verkleinern,

Vielmehr dich stets nach Würden hoch erheben,

Denn thät ich’s nicht, so wär’ das Herz mir steinern.

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Zu einer Herznadel

1795 – 1875

Das neue pflegst du gerne stets zu loben,

Weil lockend will es in die Augen blinken,

Drum soll dir jetzt das allerneuste winken,

Was ich für dich besonders aufgehoben.

 

Ein Vöglein ist’s, das flattert hin nach oben,

Die Flügel breitend hin zur Rechten, Linken,

Doch möcht’ es an die Brust dir gerne sinken,

Zum Schmuck sich dort als Nadel zu erproben.

 

Es trägt auf seinen Flügeln Diamäntchen,

Die blitzend funkeln i dem Licht der Sonne,

Und in den Augen hat es zwei Rubinchen.

 

Ich schenk’ es dir, weit selbst ein Brilläntchen

Du bist uns längst zu unsers Herzens wonne,

Ein muntres Frühlingsvböglein, liebes Linchen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Zu einem Frühlingssträußchen

1795 – 1875

Wenn darf ich frei mir Blümchen suchen aus,

Wie blühend will der Lenz hervor sie locken,

So wähl’ zuerst ich helle Maienglocken,

Und binde dir ein hübsch Boukettchen draus.

 

Dann füg’ ich noch dem duftgen Maienstrauß

Dir gerne bei die schneeweißen Flocken,

Und wisch sie dir von den Thautröpflein trocken,

Die tranken sie zum frischen Morgenschmaus.

 

Ein Tülpchen dann, ein Jerichröschen fein,

Ein Primelchen, das blühet wie verborgen,

Schling’ ich mit Lust dir noch ins Stäußchen ein.

 

Und wenn sich ein Pfingstnelkchen drein noch flicht,

Wie hell es aus der Knospe bricht am Morgen,

Dann gibts ein schöner Frühlingssträußchen nicht

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Aprilkinder

1795 – 1875

O Mond April, der zwischen Sonn’ und Regen

Sich launisch wiegt in wechselnden Gestalten,

Jetzt lächelnd, dann umtost von Sturmgewalten,

Wie schlügen warm die Herzen dir entgegen?

 

Du fuhrst von je auf trotzig kühnen Wegen,

Auf Flocken, die in Sonnenblitzen strahlten,

Auf Wolken, die mit schwarzem Saum sich malten,

Und stürztest dich in wilden Braus verwegen.

 

Und doch, wie dürft ich wagen, dir zu grollen?

Drei meines Namens sind in dir geboren,

Und haben dir des Daseins dank zu zollen.

 

Und der ich mich zu Treuen einst verschworen,

Wie könnt’ ich je der süßen Wiege schmollen,

In deinem Frühlingsschooß ihr auserkoren!

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            An ein Maienkind

1795 – 1875

im Mai bist du, ein Frühlingskind, geboren,

Wo lacht der Lenz auf blumenreichen Matten,

Wo breiten sich die leichten Laubesschatten,

Wo rauscht das Bächlein, sonst zu Eis gefroren.

 

Die Sonne tritt aus ihren goldnen Thoren,

Mit neuer Lust dem Morgen sich zu gatten,

Und will im Winter Sangeslust ermatten,

Ist sie dem Frühling zum Geleit erkoren.

 

So mög’ der Lenz dir selber blühend lachen

In eigner Brust, sie lieblich dir zu schmücken

mit Frühlingslust zu wonnigem Entzücken.

 

Und weil du bist ein Maienkind zu heißen,

Will ich als solches immer gern dich preisen,

So lang ich darf im Wonnemond erwachen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            An ein Decemberkind

1795 – 1875

Ein rauher Mond, so ist er wohl zu heißen,

Der breitet jetzt die winterlichen Schwingen,

Doch ist ers werth, ihn festlich zu besingen

Vor andern, die im Jahreslaufe kreisen.

 

Zum schönen Christfest will er hin uns weisen,

Dem Engel ihre Jubellieder bringen,

Die durch die Nacht in hellen Lauten dringen,

Die größte That, die je geschah, zu preisen.

 

Wer diesen Mond zur Wiege sich erkoren,

Ist, ob ein Winterkindlein auch zu nennen,

Doch unter Glückessternen einst geboren.

 

So soll dich denn ihr helles Licht begleiten,

Dir lieblich stets in goldnen Flammen brennen,

Zu deiner Lust bis zu den fernsten Zeiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            An einen Jugendfreund

1795 – 1875

Dein frischer Geist sprüht immer helle Blitze,

Daran ich darf den eignen mir entzünden,

Drum eben wollt’ ich gern mich dir verbünden,

Und werth ist mirs, daß ich dich noch besitze.

 

Ob auch dein Wort hat manche scharfe Spitze,

Bist du gelind doch in des Herzens Gründen,

Und weil du mirs thatsächlich weißt zu künden,

Ists, daß dein Wort mir auch nicht Wunden ritze.

 

Wenn traulich ich an deiner Seite sitze,

Gedenkend mit dir der vergangenen Zeiten,

Wie viel darf sich vor unsre Blicke breiten;

 

Wie viel, was wir in unvergessnen Stunden

Erlebt gemeinsam, was wir warm empfunden,

Was wir gelitten in des Lebens Hitze!

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Stillschweigen

1795 – 1875

Wenn gern zurück die Blicke willst du wenden,

Zurück dich gern in den Gedanken sinnen,

So wär’ es wohl ein schön und leicht Beginnen,

Daß deine Augen hier und dort mich fänden.

 

Wenn vor dem Blick die Tage dir noch ständen,

Wo uns im Schooß der schönen Alpen innen

So manches Stündlein wollt’ im Flug zerrinnen,

Du brächtest einen Gruß mir gern zu Händen.

 

Ich selbst, der dieß Sonettchen will dir senden,

Gedenke noch mit Lust der schönen Stunden,

Da dort wir waren traulich einst verbunden.

 

Doch ach! es scheint, du selbst hast sie vergessen,

Wie muß aus deinem Schweigen ich ermessen,

Als ob dir Fesseln Hand und Zunge bänden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Gruß in die Ferne

1795 – 1875

Du weilst von mir in fernen, fernenj Weiten,

So kann ich dir nur einen Gruß entsenden,

Ein Briefchen nur dir bringen zu den Händen,

Ein Verschen nur zu deinen Ohren leiten.

 

Doch weiß ich, daß du noch zu allen Zeiten

Gern die Gedanken willst nach mir hinwenden,

Und daß, ob wir uns Aug in Aug nicht fänden,

Erklingen doch mir deines Herzens Saiten.

 

So bist du nah mir, ob die weiten Fernen,

Ob Zeit und Raum uns von einander trennen,

Ob wir uns nicht, vielleicht nicht wieder sehen.

 

Denn eins doch können niemals wir verlernen,

Daß wir als treue Freunde stets uns kennen,

Ob auseinander unsre Wege gehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Correspondenz

1795 – 1875

Leicht fliegen dir die Blriefchen von der Hand,

Und flattern hin und her nach allen Seiten,

In Nähen bald, bald in die fernsten Weiten,

Zu schlingen neu der alten Freundschaft Band.

 

Das letzte, das sich freundlich zu mir fand,

Es mahnet mich an längst vergangne Zeiten,

Die willst lebendig vor den Blick du breiten,

Daß mir dein Bild wie vor den Augen stand.

 

Wir haben lang nicht wieder uns gesehn,

Doch bist du mir nach Jahren, dreimal sieben,

Der Alte noch in alter Treu geblieben.

 

Mag uns der letzte Rest der Zeit verwehn,

Wir wollen, was wir noch zu leben haben,

An manchem Briefchen fröhlich noch uns laben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Unvergessen

1795 – 1875

Was ward vordem uns Liebes zugemessen,

Nicht schnöde sei es je von uns vergessen,

Nein, immer wollen gern wir dran gedenken,

was wollten uns die vorgen Tage schenken.

 

Wie wir zusamm sind traulich oft gesessen,

Was hoch uns hob, was wollt’ das Herz uns pressen,

Laß gern darauf die Blicke noch uns lenken,

Es bleib’ uns stets ein werthes Angedenken.

 

Wenn ging’ ich jemals deinem Sinn verloren,

Die wir uns ewge Freundschaft einst geschworen,

Ich müßte dir mit bittern Worten grollen.

 

Doch nein, ich weiß, daß ich dir im Gedächtniß

Noch hafte stets als bleibendes Vermächtnis,

Ob auch die Zeit mag hin im Fluge rollen.

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Dank nach dem Rhein

1795 – 1875

Wie an den Reben, die sich grünend ranken,

Die Trauben rings zu süßem Moste schwellen,

Die Augen uns mit jungem Wein zu hellen,

So wogen im Sonett dir die Gedanken.

 

Drum dir mit warmem Wort dafür zu danken,

Soll dies Sonettchen mit des Tones Wellen

Mir von dem Munde dir zum Lobe quellen,

Doch nicht mit deinem treten in die Schranken.

 

Wer nach dem Rhein in weichem Schooß darf sitzen,

in lauen Winden, rebengrünen Auen,

Dem kann ein Verschen leicht vom Munde blitzen.

 

Wir, die vor uns wir Bergesketten sehen,

Die sich mit Eis im Frühling noch umbauen,

Wir hören Wintersturm ums Haupt uns wehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            An einen Siebziger

1795 – 1875

Ob auch der Jahre zählst du zehnmal sieben,

Darf dir das Herz noch warm und feurig schlagen,

Der Geist sich hoch in leichtem Schwunge tragen;

Im Alter selbst bist du noch jung geblieben.

 

Noch darfst du wünschen, hoffen, hassen, lieben,

Wie du gethan in deinen jüngsten Tagen;

Das Schwerste selbst willst du noch muthig wagen,

Als wär’ dein Geist aus erz und Stein getrieben.

 

Und wo du siehst im frischbewegten Leben

Das Rad der Zeit im Fluge vorwärts rollen,

Da greifst du nicht in seine goldnen Speichen.

 

Was da und dort zum Bessern will aufstreben,

Sich neu gestalten, kannst du nicht begrollen,

Ob aus den alten Bahnen mag es weichen.

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Hilfreich

1795 – 1875

Es heißt: „Dem Helfer hilft der Helfer droben“;

So ist für all dein liebevoll Bestreben,

Den Andern dich aufopfernd hinzugeben,

Der rechte Lohn dir auch schon aufgehoben.

 

Als hilfreich ließt du immer dich erproben;

In manches arme, schwergedrückte Leben

Warst du bemüht, den linden Trost zu weben,

Der aus dem Leid das Herz emporgehoben.

 

So wird das Glück im eignen Haus dir blühen,

Und manche Noth, die will den Muth dir beugen,

Vorüber dir vor Abend wieder ziehen.

 

Dem vollen Lohn wir noch entgegen wandern,

Dann wird es sich erst offenkundig zeigen:

Der Helfer hilft dem, der geholfen Andern.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Wunschlos

1795 – 1875

Du wünschest nichts, so ist es schwer zu geben,

Womit man mag dich irgend noch erfreuen,

Und wollt’ ich dir auch Gold und Perlen streuen,

Du würdest sie nicht auf vom Boden heben.

 

Doch dies wirst du mir freundlich wohl vergeben,

Sonst müßt’ ich es aufs Bitterste bereuen,

Daß zu den alten Verschen ich die neuen

Dir fort und fort darf um die Stirn noch weben.

 

und wärs denn nicht, daß noch ein Tröpflein schlürfen

Sich immer lässet aus des Glückes Wogen,

Warum sollt’ ich nichts geben, wünschen dürfen?

 

Und wenn ein Reimchen klinget von den Saiten,

Ein Wünschen, das dir freundlich ist gewogen,

Darf es dann nicht zu deinem Ohr sich leiten?

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh             Landaufenthalt

1795 – 1875

Nicht leicht wars, was du jüngst hast übernommen,

In dreier Männer frohgescharter Mitte

Zu wandeln stets mit edler Frauensitte,

Doch hast du ganz uns für dich eingenommen.

 

Du löstest schon, was du dir vorgenommen,

Daß gern wir folgten jedem deiner Tritte,

Dem Wink uns fügten, jeder leisen Bitte,

Die lauschend wir von deinem Mund vernommen,

 

So sei denn freundlich von dir angenommen

Der wärmste Dank für dein so zartes Walten,

Das heimlich wußt’ uns Alles zu gestalten.

 

Und wird im nächsten Sommer unternommen

Die Reise wieder nach den schönen Bergen,

So woll’ in deinem Schooß uns schützend berben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Friedrich von Boeckh            Bitte

1795 – 1875

Ich hänge Bildchen mir an alle Wände,

Mein Zimmerchen mir rings damit zu säumen,

Hierin und dorthin mich zurück zu träumen,

Wohin so gern ich meine Blicke wende.

 

Und wo ich irgend noch ein Bildchen fände,

Bemalt mit Bergen, Felsen, schlanken Bäumen,

Mit Wasserfällen, die in Silbern schäumen,

Wie wohl das meinem stübchen noch anstände!

 

eins fehlt mir, das am Liebsten doch ich schaute,

Darauf der junge Morgen dämmernd graute,

Auf Wald und Fluren sich herab zu neigen.

 

So gib es mir von deiner Hand zu eigen,

Der immer leicht die bunten Farben fließen,

Und laß recht bald mich deine Kunst genießen.